Menschen mit Lernschwierigkeiten fordern Leichte Sprache, um Informationen verstehen zu können. Denn das Verstehen ist die Voraussetzung, um sich eine Meinung bilden und an der Gesellschaft teilhaben zu können.
Zielgruppen
Die primäre Zielgruppe von Leichter Sprache sind Menschen mit Lernschwierigkeiten (Selbstbezeichnung von Menschen, die sog. geistige Behinderung als diskriminierend ablehnen). Aber noch mehr Menschen können profitieren:
- Menschen, die gerade Deutsch lernen
- Menschen mit geringen Lesefähigkeiten
- Funktionale Analphabet/innen
- Senior/innen (z.B. im IT-Bereich)
- Gehörlose Menschen
- Fachfremde (bei medizinischen Diagnosen, Rechtstexten…)
Kleine Auswahl wichtiger Regeln (Netzwerk Leichte Sprache e.V.)
- Fremd- und Fachwörter vermeiden bzw. erklären
- Beispiele verwenden, die zum Kontext passen
- Bekannte und einfache Wörter benutzen
- Kurze Sätze schreiben
- Konjunktiv und Genitiv vermeiden
- Passiv vermeiden
- Aktive Sätze benutzen: Verben statt Substantive
- Nur eine Aussage pro Satz (d.h. möglichste keine Nebensätze und Kommata)
- Zeilenwechsel nach jedem Satz
- Geeignete Bilder für die Texte benutzen
- Formatierung: gerade Schriftart ohne Serifen, Schriftgröße sollte mindestens Arial 14 Punkt entsprechen; linksbündig; Zeilenabstand: 1,5
- Die Übersetzung in Leichte Sprache immer von Menschen mit Lernschwierigkeiten prüfen lassen
Es gibt eine Abgrenzung zwischen Leichter Sprache und Einfacher Sprache. Kurz gesprochen ist die Leichte Sprache die am meisten vereinfachende Sprachvarietät. Einfache Sprache darf etwas komplexer sein und es gibt eigene Empfehlungen.
Regelwerke
Für das Sprachkonzept „Leichte Sprache“ sowie weitere ähnliche Sprachkonzepte gibt es verschiedene Regelwerke und damit verbundene Logos bzw. Qualitätssiegel:
Die Regeln für Leichte Sprache (PDF) vom Netzwerk Leichte Sprache e. V.
> Zertifizierung mit Wort-Bild-Marke Gute Leichte Sprache durch lizensierte Büros
Europäische Regeln für leicht lesbare Informationen (PDF) von Inclusion Europe
> Europäisches Logo für leichtes Lesen
capito Qualitätsstandard von CFS Consulting, Franchise & Sales GmbH
> Gütesiegel für Leicht Lesen (LL) in 3 Sprachkompetenzstufen (A1, A2, B1)
Gesetze und Verordnungen
Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) für Behörden der Bundesverwaltung Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) § 11: Verständlichkeit und Leichte Sprache
Prüfer/innen für Leichte Sprache
Menschen mit Lernschwierigkeiten prüfen die nach den Regeln der Leichten Sprache übersetzten Texte. Im Anschluss werden nötige Korrekturen vorgenommen, erst danach ist der Text fertig und kann ein Logo bzw. Siegel erhalten. Übersetzungsbüros findet man bei Netzwerk Leichte Sprache oder Inclusion europe.
Mehr zur Leichten Sprache
- Viele Publikationen in Leichter Sprache können mittlerweile auch beim BMAS oder anderen Ministerien kostenlos bestellt bzw. heruntergeladen werden.
- In den meisten Fällen werden wichtige Texte und Informationen für Menschen mit Lernschwierigkeiten sowie Internetseiten übersetzt.
- Leicht verständliche Sprache wird mittlerweile auch live bei Veranstaltungen eingesetzt, beispielsweise in Form von simultanem oder konsekutivem Dolmetschen und Verstehensassistenz in Workshops.
- Universitäten forschen und publizieren seit einigen Jahren ebenfalls rund um die Leichte Sprache beispielsweise in Leipzig, Hildesheim und Mainz.
- Im Entwicklungsprozess ist gerade die DIN SPEC 33429 Empfehlungen für Deutsche Leichte Sprache (geplanter Abschluss März 2021).
© Anja Teufel, 2020