Resilienz

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Fragen an GreenCampus-Trainer Bastian Bretthauer

Was genau ist Resilienz? Was macht die Beschäftigung mit Resilienz so wertvoll?
Der Begriff „Resilienz“ klingt in vielen Ohren ein bisschen sperrig und fremd, obwohl er in zahlreichen Wissenschaftsbereichen verbreitet ist. In der Psychologie bezeichnet Resilienz die psychische Fähigkeit, mit Krisen, Misserfolgen, Niederlagen und belastenden Ereignissen dynamisch und lebensbejahend umzugehen. Dabei verweist die lateinische Sprachwurzel „resilire“ (abprallen, zurückspringen) auf nur eine Form resilienten Handelns. Wenn wir in belastenden Situationen sind, müssen wir aber nicht immer nur alles abprallen lassen oder zurückspringen.

Oft geht es auch darum, die Situation auszuhalten, die Widrigkeiten des Lebens erst einmal anzunehmen und dann nach einer Lösung zu suchen. Ich entdecke im Konzept der Resilienz auch immer wieder eine ganz wichtige Lerndimension. Gerade dann, wenn uns etwas zu nahekommt oder die Stimmung verhagelt, haben wir selbst etwas ganz Wichtiges zu lernen. Durch dieses neue Lernen können wir dann gestärkt aus einer Krise schreiten.

„Resilienz“ scheint in den letzten Jahren zu einer Art Trendbegriff geworden zu sein. Woran liegt das?
Oh ja, das ist wahr. Seit mehr als zehn Jahren erobert der Begriff die Bühnen der Fort- und Weiterbildungen, der Management- und der Personalentwicklung. Lang wurde diese Konjunktur auch kritisch von Betriebsrät*innen beäugt. Diese nahmen an, dass es sich um eine neue neoliberale Theorie der Selbstoptimierung handelt, die dafür sorgen soll, dass die Berufstätigen nach einem solchen Resilienztraining noch besser in der Lage sind, Höchstleistungen zu erbringen. Das ist aber Quatsch. Denn Resilienzentwicklung fördert die Fähigkeit, gut für sich selbst zu sorgen, Überlastungssituationen zu erkennen und darauf zu achten, gesund zu bleiben. Ganz oft verlassen Teilnehmer*innen einen solchen Workshop mit einer neuen Entschiedenheit, belastende Arbeits- und Lebenskonstellationen konstruktiv anzugehen, um ihre Lebensumgebung zu verbessern. Es geht also weniger um Anpassung, sondern um die Kraft, das Leben positiv zu verändern.

Was findest du im Umgang mit Krisen am Wichtigsten?
Krisen sind immer dadurch gekennzeichnet, dass wir nicht in der Lage sind, mit unserem bisherigen Handlungsrepertoire auf eine neue Situation zu reagieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir immer noch mit einem Faustkeil herumrennen würden, hätte es in der Geschichte der Menschheit keine Krisen gegeben. Das heißt, jede Krise ist eine Lern- und Entwicklungssituation. Und was wir dabei brauchen, sind: Zeit zum Verstehen und Lernen, Ehrlichkeit und Selbsteinsicht, ein soziales Netzwerk, Ressourcen und durchaus auch professionelle Unterstützung. Letzteres meint nicht nur, Trainings zu besuchen oder zu Coaches oder Therapeut*innen zu gehen. Manchmal hilft auch das richtige Buch zur richtigen Zeit oder ein guter Dokumentarfilm mit neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Ist der Umgang mit Stress nicht Typsache? Kann man da wirklich in deinem Workshop etwas lernen?
Gute Frage. Typisch für Stresserleben bei allen Menschen ist, dass sogenannte Stressreaktionsketten ablaufen, die tatsächlich bei allen Menschen vergleichbar sind. Entweder wir switchen in den Angriffsmodus, schimpfen, fluchen oder toben; den Angstmodus, in dem wir wegrennen und fliehen wollen oder in den Modus der Erstarrung, der durch Kopfeinziehen, Schweigen und „Ich-bin-nicht-da“ – Denken gekennzeichnet ist. Wenn diese Stressreaktionsketten erst einmal laufen, dann sind diese schwer zu beeinflussen. Wichtiger ist, das Ausbrechen dieser emotionalen Stressreaktionen zu vermeiden, und da gibt es viele Techniken aus dem instrumentellen und mentalen Stressmanagement, die helfen können. Sind Menschen aber dennoch dauerhaft gestresst, dann geht es darum, zu regenerieren. Ausreichend schlafen, Bewegung, gute Ernährung und – wenn möglich –ein neues Flow-Gefühl gehören dazu. Das Flow-Gefühl ist wie ein Mini-Urlaub für das Gehirn. Ich lege in meinen Workshops großen Wert darauf, dass die Teilnehmer*innen lachen und sich damit beschäftigen, wie sie wieder einmal völlig versunken einer Herzensangelegenheit nachgehen können.

 

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Bastian Bretthauer ist Ethnologe, systemischer Organisationsberater, Mediator und Coach, arbeitet mit Fach- und Führungskräften aus Profit- und Non-Profit-Einrichtungen u. a. in den Themenfeldern Führung, Gesundheit, Konflikt und Nachhaltigkeitsmanagement.