Open Space

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Fragen an GreenCampus-Trainerin Sanna Schondelmayer

Was ist das Besondere an Open Space im Vergleich zu anderen Moderationsmethoden für Großgruppenveranstaltungen?

Open Space zeichnet sich durch das hohe Maß an Selbstorganisation aus, der eigenverantwortete Handlungsspielraum für alle Beteiligten ist sehr groß. Open Space eröffnet somit die Möglichkeit, eigene Ideen, Kompetenzen und Vorschläge mit voller Leidenschaft einzubringen und sich auch außerhalb der eigenen formalen Zuständigkeit für eine Sache stark zu machen und sie mitzugestalten.

Besonders und wichtig ist, dass dieser offene Raum intensiv vorbereitet ist: Dazu gehören Vorbereitungstreffen mit wirkmächtigen Multiplikator*innen, die gemeinsame Erarbeitung des Veranstaltungstitels und die Definition von lösungsoffenen Zielen. Open Space hat in seiner Vollendung drei zentrale Pfeiler:

1) die Vorbereitung mit allen Vertreter*innen des Systems

2) den offenen Raum für die „Weisheit“ der Gruppe

3) die Handlungsplanung, d. h. den Transfer und die Transformation des Großgruppenprozesses in arbeitsfähige Teams, die die Ideen dann umsetzen

Im besten Fall gibt es nach ein paar Monaten ein Follow-up-Meeting mit allen, mindestens aber den Vertreter/innen der Kleingruppen, als Evaluation und Check-up.

Sehr häufig wird Open Space aber auch als basisdemokratisches Austauschformat angewendet, was dann eine große Nähe zu Barcamp, World Café und anderen interaktiven Großgruppenformaten hat – und das ist auch völlig okay. Meine Haltung dabei ist: Das Format folgt immer dem Anliegen.

Wie ist es möglich, dass bei der Selbstorganisation von Gruppen mit mehreren hundert Teilnehmenden kein Chaos ausbricht?

Bei so vielen Teilnehmenden ist das durchaus ein logistisches Meisterstück. Es geht dann in der Planung sehr viel darum, die Prinzipien – wie das Gesetz der Mobilität, also der Wechsel zwischen verschiedenen Arbeitsgruppen – für z. B. 500 Personen zu realisieren. Wie können 500 Menschen im Kreis sitzen? Wie viele Räume und Arbeitsgruppen müssen vorbereitet sein? Wie sind Leitsysteme für alle gut sichtbar? Bei einer solchen Gruppengröße könnten dann in einer sehr großen Halle Gastluftballons oder Hängeschilder installiert werden, um zu kennzeichnen, wo was stattfindet. Das Geheimnis liegt aber vor allem im „Wollen“ der Teilnehmenden. Die sind nicht da, um sich zurückzulehnen, die wollen etwas bewegen. Deshalb sind die Leute extrem agil, findig und gut darin, den Weg zu ihrer Arbeitsgruppe zu finden und sich selbst gut zu organisieren. Das ist ein bisschen wie mit der geheimen Badebucht, die man unbedingt finden will: Da ist auf einmal ganz viel Energie, Mut und Improvisation möglich.

Eignet sich Open Space für jede Arbeitsgruppe und für die Bearbeitung jedes Anliegens?

        

Ganz klar: Nein. Denn das Format folgt immer dem Inhalt und dem Ziel einer Veranstaltung. Es gelten dabei folgende Regeln: Open Space steht immer unter einem Generalthema mit einer oder mehreren der folgenden vier Eigenschaften: Dringend: Das Thema brennt den Teilnehmenden unter den Nägeln, es betrifft sie und berührt sie, und die Lösung hätte am besten gestern bereits vorliegen sollen. Breit angelegt: Es gibt Raum für neue Ideen und kreative Lösungen. Komplex: Es gibt viele verschiedene Ideen und Wege, und die Fragen können nicht von einer Person allein gelöst werden. Wichtig: Das Thema ist von zentraler Bedeutung für die Zukunft oder das Handeln derer, die am Open Space beteiligt sind.

Darüber hinaus geht es natürlich auch um logistische Fragen. Wenn kein tatsächlicher Raum da ist, um Denkräume zu öffnen, wenn keine mittelfristige Planung möglich gemacht werden kann, dann ist Open Space nicht das richtige Format.

Glaubst du, Open Space und andere partizipative Methoden für Großgruppen könnten auch ein Modell für eine inklusivere Gesellschaft sein?

Das ist natürlich ein Traum vieler Menschen, die Open Space anwenden. Veranstaltungsformate, die versuchen inklusiv, dialogisch und partizipativ etwas zu verändern, sind ja nicht gesellschaftlich abgekoppelte Schreibtischgeburten. Fast immer gibt es Entstehungsgeschichten, die von gesellschaftlichen Bedarfen erzählen, von Emanzipationsbewegungen oder auch vom Verdruss, sich in vorgegebenen Bahnen bewegen zu müssen und seinen eigenen Handlungsspielraum nicht nutzen zu können. Ich bin eigentlich ein recht pragmatischer Mensch, aber während eines gelungenen Open Space hatte ich schon oft das Gefühl: Wow, es sind ungeahnte Dinge möglich und das auch noch mit ganz viel freudvoller Energie. Die Antwort auf die Frage wäre also: Ja, aber eher als Prinzip denn als normatives Modell.

 

Bild entfernt.Sanna Schondelmayer ist Mediatorin, Trainerin sowie Prozess- und Veränderungsbegleiterin für Individuen, Teams und Großgruppen. Raum und einen zielführenden Rahmen für die Anliegen ihrer Kunden zu schaffen, ist ihre Expertise und Leidenschaft. Als Mitglied der Berlin Open Space Cooperative boscop eG liegt einer ihrer Arbeitsschwerpunkte in der Begleitung von Open Space, World Café und Future Search. Die promovierte Kulturanthroplogin lebt in Berlin und arbeitet lokal und international vor allem für Stiftungen, Bildungsträger, NGOs, Vereine und transstaatliche Organisationen.