Framing

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Fragen an GreenCampus-Trainerin Stephanie Bernoully

Gerade in der vergangenen Bundestagswahl war immer wieder vom „Framing in der politischen Kommunikation“ die Rede. Was versteht man darunter?

Framing bedeutet – einfach gesprochen – Werte in Worte zu fassen. Und zwar die eigenen Werte in die eigenen Worte. Weil sich Politik fast ausschließlich über Sprache vermittelt, ist es besonders bedeutend, dass sich eine Organisation also erstens ihrer Werte bewusst ist, und diese zweitens auch klar formuliert. Sie setzt damit einen sprachlichen Deutungsrahmen. Daher der Begriff „Frame“. Eine Person oder Organisation bringt ihre Position in den politischen Diskurs ein. Viele klar unterscheidbare politische Profile ergeben dann Pluralität. Die Linguistin Elisabeth Wehling spricht sogar davon, dass komplexes Denken erst entsteht, wenn durch Framing politische Aussagen an unser Erfahrungswissen anschließen und sich im Gehirn entfalten können. Leider kommt es aber häufig vor, dass faktenreich statt werteorientiert kommuniziert wird. Dann bleibt die Sprache zu abstrakt, um überhaupt in unser Denken Eingang zu finden oder es werden sogar die Frames von Vertreter*innen anderer Positionen übernommen und gestärkt. Das mindert den eigenen Erfolg.

Wodurch zeichnet sich ein gelungener Framingprozess aus und wie lassen sich die Erfolgschancen möglichst erhöhen?

Ein gelungener Framingprozess zeichnet sich dadurch aus, dass alle Beteiligten ein ausgeprägtes Bewusstsein für die eigene Sprache haben. Es muss eine dauerhaft kritische Reflexion des eigenen Ausdrucks geben und eine andauernde Auseinandersetzung um neue starke und einfach verständliche Aussagen für die eigenen politischen Werte. Eine bildreiche und präzise Sprache ist die Grundlage dafür, dass politische Ideen in die Köpfe der Menschen – die Öffentlichkeit – gelangen, dort bleiben und auch weitergetragen werden können. Framing erhöht also die Erfolgschancen. Mit der Wucht der politischen Erzählung wächst – so Wehling – die „kognitive Transparenz“. Das eigene Anliegen wird deutlich – und dadurch erst wählbar!

Gibt es ein praktisches Beispiel für gelungenes Framing?

Ich erinnere mal an einen Begriff, mit dem z. B. die Grünen in den 80er Jahren aufgestiegen sind: Waldsterben. Als der Spiegel ihn 1981 mit dem Titel „Der Wald stirbt“ im großen Stil in Umlauf brachte, bekam die Öko-Bewegung Rückenwind. Waldsterben war weit mehr als die bloße Beschreibung eines Umweltproblems. Dieses eine Wort, das in die Umwelt- und Zeitgeschichte einging und sich bis heute in der Sprache hält, beschrieb eine Gesellschaftskrise und beförderte 1983 den Einzug einer neuen Partei in den Bundestag. Gegen seine emotionale Intensität kamen selbst die härtesten Kritiker*innen ebenso wenig wie forstbotanische Aufklärungs- und Abmilderungsversuche an. Der Frame „Waldsterben“ war Impulsgeber einer Debatte, die für den Öko-Aufbruch Deutschlands steht: einen neuen Wertekanon. Alle politischen Parteien stiegen damals in die Debatte ein und stärkten einen Frame, der die Gesellschaft nachhaltig veränderte.

Wie kann man Framing lernen? Was erfahren die Teilnehmenden in den GreenCampus-Seminaren mit Dir als Trainerin?

In meinen Seminaren analysieren wir vor dem Hintergrund dieser Anforderungen zunächst bestehende Texte wie Reden, Passagen aktueller Programme, Pressetexte etc. Es geht darum, mit etwas Abstand vom politischen Alltag zu verstehen, welche Aussagen in Bezug auf Framing stark oder schwach sind. In Einzel- und Gruppenübungen trainieren wir anschließend einen einfachen erzählerischen Stil, der emphatisch und an die Sinne gerichtet ist. Ich lege sehr viel Wert darauf, sich dabei bewusst von einer ausgeprägten und hochabstrakten Amtssprache zu verabschieden. Einige der dort zu findenden Begriffe gehören regelrecht auf den Index, weil sie das Gegenteil von dem ausdrücken, was eigentlich gesagt werden soll. Und schließlich entwickeln wir punktuell neue Worte für eigene Werte. Das geht natürlich nicht ohne Wertereflexion und bildet insofern den Übergang vom Seminar zum dauerhaften Framingprozess in der Praxis.

 

 

Stephanie Bernoully (geb. Schmidt) studierte bildende Kunst, Philosophie und Germanistik. Seit 2001 ist sie selbstständige Trainerin und Beraterin für Kommunikation. Ihr Anliegen: zielführende strategiegeleitete Kommunikation und komplett neu gedachte kreative Kommunikationslösungen. Sie ist überwiegend für Organisationen aus dem Bereich Kultur, Politik, Bildung und Wissenschaft sowie für Non-Profit Unternehmen tätig. Sie ist Autorin des Fachbuches „Konzeptionspraxis“.